20 Jun

Ein Sommer in Indien/Tamil Nadu

Der Titel klingt wie der eines Romans. Es könnte sein, dass Sie bei manchen Teilen denken, wie früher, wie in einem Film aus meiner Kindheit.

Dass der Sommer sich langsam verabschiedet – was nicht heißt, dass die Temperaturen drastisch sinken -, sagt uns der Beginn des neuen Schuljahrs und der Beginn des Süd-West-Monsun sind da . In diesem Jahr wurden die Ferien der Kinder um eine Woche verlängert, da wir sehr unter der Hitze gelitten haben. Wenn ich auf das Thermometer schaue, sehe ich immer noch 39 Grad °C.

Ferien in der ländlichen Gegend, wo wir leben, erinnern mich immer an meine Kindheit. Ich wurde zur Oma geschickt, die mich dann mit zu ihren Geschwistern nahm und ich schöne Ferien mit Kusinen und Großkusinen verbrachte. So kann man sich die Feriengestaltung unserer Kinder in Indien vorstellen.

Um die Hitze und die Zeiten vor dem Fernseher für die Kinder zu überbrücken, haben wir eine Kinderferienwoche veranstaltet. Es haben 60 Kinder daran teilgenommen. Nicht immer haben wir die Gesichter oder Namen gekannt; denn sie waren nur zu Besuch bei der Oma oder Tante. Die Spiele am Abend erfreuten alle, der Eifer und der Ehrgeiz war groß, denn es gab auch Preise für jede/n.

Seit Jahren ist bei uns Tradition, einen Kultur-Abend für die Eltern zu veranstalten. Die Kinder, die regelmäßig zur Nachhilfe kommen, sind mit Freude an den Vorbereitungen beteiligt. Mit einer Begeisterung lernen sie neue Tänze; denn das Tanzen steckt ihnen im Blut. Unsere „Tanzlehrerinnen“ sind Vinnarasi, Jansi, Uma und Mercy. Da es so heiß war, wurde das Training auf den Abend verlegt, aber ab 9 Uhr standen die Kids vor unserer Tür. Das Kulturprogramm wurde auf einen Sonntag gelegt,  da auch die Väter Gelegenheit bekommen sollen, die Talente ihrer Kinder zu bestaunen. Um 17.30Uhr sollte das Programm beginnen, die Kinder waren in ihren besten Kleidern und natürlich geschminkt pünktlich da, aber die Eltern ließen auf sich warten. Gegen 18.30 Uhr kamen die ersten Mütter. Die Väter haben wir vergebens unter den Zuschauern gesucht. Das Programm dauerte 90 Minuten. Die Verteilung der Preise war mit eingeschlossen und in kleinen Theaterstücken, wurde auf die Wichtigkeit der Bildung hingewiesen. Aber die „Bande“ war so aufgedreht, dass am Ende alle Kids von vier bis 13 Jahren auf der Bühne standen und tanzten, sangen und lachten. Wir servierten für alle etwas kühles zum Trinken und wie üblich einen selbstgebackenen Kuchen.

Für weibliche Jugendliche fand im Anschluss ein Sommercamp statt. 14 Jugendliche im Alter von 15 bis 20 waren für drei Tage in unserem Haus. Wir versuchten ein Programm zusammen zu stellen, das allen gerecht wird. Übungen haben den Jugendlichen gezeigt, wie wichtig es ist zusammen zu arbeiten. In Arbeitskreisen über die Werte für ihr Leben sollte ihnen bewusst werden, wie wichtig es für die indische Frau ist ihr Selbstbewusstsein zu steigern und sich für ihre eigenen Werte ein zu setzten.

Den Abschluss bildete ein Gottesdienst, zu dem wir viele Erwachsene eingeladen haben.

Das Sommerprogramm ansonsten war in unserem Dorf eingerahmt von Großveranstaltungen rund um den Tempel. Mit Musik morgens um 4 bis abends 22Uhr, Prozessionen zum Tempel mit Krügen voll Milch auf dem Kopf oder heiße Töpfe in der Hand, laufen über feurige Kohle und Eisenstangen die von einer Wangenseite in die andere gebohrt werden. Die Vorbereitung für die gläubigen Hindus bedeutet: einen Monat – vegetarisch leben, barfuß laufen, morgens fasten und äußere Zeichen am Körper tragen in Form von Ketten. Den Abschluss bildete wie immer ein frohes Fest um den Tempel mit einem guten Mahl zu Hause. Die Löcher in den Wangen werden mit dem abgekühlten Kohlestaub vom Tempel zu „gepflastert“. Und erstaunlich, die Wunden heilen, es bleiben keine Narben. Trotz allem… nichts für mich!

Wir hatten einen sehr heißen Sommer. In den letzten drei Wochen gab es wöchentlich einen Regenschauer. Es war wunderbar zu sehen, wie schnell sich die Bäume erholten und sogar blühen. Aber es darf uns nicht darüber hinweg täuschen; dass unser Brunnen trocken ist. In der vergangenen Woche haben wir einen „Wasserspezialisten“ gerufen, der ausgependelt hat, ob auf unserem Grund noch eine Stelle ist, wo wir Wasser hochpumpen können. Wir werden einen neuen Brunnen graben müssen; denn die Regenzeit für Tamil Nadu wird erst ab September erwartet. Die Aushebung für den Bohrbrunnen wird uns 700,00€ kosten. Da zurzeit die  Gebühren für die Studentinnen anfallen, sind wir auf eine kleine Unterstützung angewiesen. Unterstützen können Sie uns durch eine kleine Spende, gegen eine Spendenbescheinigung, aber es ist auch möglich, unsere Handarbeiten zu erwerben oder sogar diese auf Märkten an zu bieten.

Da geht meine konkrete Frage an alle ehemaligen Freiwilligen, die ein Jahr hier in Viralimalai verbracht haben, ob es nicht möglich wäre, dass Ihr einen Stand, auf irgendeinem Markt, in heimatnähe machten könntet?? Oder auch an Unis auf uns aufmerksam machen könntet. Meldet Euch bitte bei mir oder bei Frau Walburga Kunz, wenn Ihr Material braucht: 06887 1817.

Was mir noch nach dem anstrengenden Sommer geblieben ist, sind Kopfläuse. Die Nähe zu den Kindern hat es diesen kleinen Tierchen möglich gemacht auf meinen Kopf zu springen, Eier zu legen und zu wachsen. Aber ich werde mich anstrengen, bis zu meiner Reise im Juli nach Deutschland Läuse-Frei zu sein.

Bleiben wir in Gedanken und Gebeten miteinander verbunden

Mit herzlichen Grüßen und einem dicken Danke von allen Frauen aus dem Nähzimmer, unseren Kindern von der Nachhilfe und den Bewohnern in unserem Haus.

Gisela Häring