Weihnachtsgrüße aus Indien
Eine alte Dame sagte einmal ganz spontan, „O je, jetzt ist doch plötzlich wieder Weihnachten“.
In diesen Satz kann ich sehr gut mit einstimmen. So schnell ist die Zeit des Advents vergangen. Hinzu kommt auch die Intensität einer Zeit, was alles in so einer kurzen Zeitspanne sich ereignen kann. Nach einem anstrengenden Flug, der mich mit einem Tag Verspätung an den Ort meiner zweiten Heimat gebracht hat, fingen wir gleich mit unserer Plätzchen- Bäckerei an.
Es ist schon zur Tradition geworden, dass wir im Advent die Familien besuchen, uns die Sorgen und Nöte anhören, sie ins Gebet bringen und ferner unsere Hilfe anbieten. Wir haben auch Einladungen von unseren Hindu Freunden bekommen und haben diese auch angenommen. Heute möchte ich von einer Familie erzählen:
Die Mutter starb, als die Jüngste der fünf Töchter vier Jahre alt war. Nach einem Jahr heiratete der Vater wieder. Es war ein Geschenk für die Familie; denn es kam nach einem Jahr auch ein Sohn zur Welt. Als die älteste Tochter 18 Jahre alt war, wurde sie in eine Heirat mit dem Bruder der „Stiefmutter“ gedrängt. Die junge Frau verstarb im letzten Jahr an einer nicht zu heilenden Tuberkulose. Sie hinterlässt zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren. Inzwischen sind auch die andern Töchter, bis auf Rosalyn, verheiratet. Die junge Frau ist 21 Jahre alt und studiert. Nun bedrängt die Familie sie, besonders die Stiefmutter, diesen Mann zu heiraten. Es ist nicht nur ein Bedrängen, sondern es werden auch Drohungen ausgesprochen. Wir haben Rosalyn angeboten hier bei uns zu wohnen, oder in ein Hostel zu ziehen. Hier in Tamil Nadu sind wir noch weit entfernt von der Selbstbestimmung der Frauen.
Mit den Bildern unserer Frauen, die zu Maria auf dem Weg gehören, die in der Nähstube arbeiten, die Nähen lernen und einigen neugierigen Kindern vom Nachhilfezentrum, wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Familie und ein erfolgreiches Jahr 2018. Während der Adventszeit haben uns die Worte begleitet: „wir warten, wir arbeiten und gehen zusammen durch diese Zeit“. Tun Sie es auch mit uns, ohne Ausgrenzungen. Danke für die Unterstützung, die Sie uns zukommen lassen: durch die Zeit, die Sie auf den Märkten/Ausstellungen uns schenken, durch die finanzielle Unterstützung junger Frauen zum Studium, durch Ihre Spende, Ihr Interesse und Ihr Gebet.
Ihre Gisela Häring