25 Oct

Neues aus Viralimalai Mai-Oktober 2015

Neues aus Viralimalai                                                                                         

Dieser kleine Bericht will schon lange in die „Welt“. Leider fehlte mir die Zeit, diesen  zu senden. Heute ist es endlich so weit.

Wenn wir in Deutschland an den Monat Mai denken, dann ist es verbunden mit Blumen, Blühen und Feiertage wie Muttertag, Christi Himmelfahrt und Pfingsten.

In Indien  ist der  Mai  verbunden mit Ferien, Hitze und viele Tempelfeste, Familienfeste – aber keine Hochzeiten. In diesem Jahr ist nicht alles wie gewohnt. Ferien ja, Tempelfeste ja, Familienfeste ja, aber keine übermäßige Hitze. Seit einer Woche haben wir täglich Regen. Auf dem Bengalischen Meer ist ein Tiefdruck und beschert uns eine angenehme Kühle von 32 Grad C. Nicht alles ist perfekt; denn durch den Regen erwachen die Moskitos erneut zum Leben und ärgern uns.

Um die Freude und die Tradition eines Tempelfestes zu verstehen, beschreibe ich unser diesjähriges Aman-Tempelfest. Jedes Fest hat eine Zeit der Vorbereitung. So hat sich in diesem Jahr Sumathi, sie arbeitet seit Jahren in unserem Nähzimmer, entschieden Milch zum Tempel zu tragen. Sie hat 8 Tage vorher auf jegliches Fleisch verzichtet. An Ihrer Kleidung – safranfarbig – war auch zu erkennen, dass etwas Besonderes vor sich geht.

Am Tag selbst haben sich Frauen und Männer an einem kleinen Tempel getroffen, sie waren in Gelb und Orange gekleidet und auf dem Kopf trugen sie einen silbernen Topf geschmückt mit Blumen und heiligen Zeichen. Im Topf war die frische Milch. Es sieht so einfach aus, aber über 1 Stunden die Hände hochhalten damit der Topf beim Gehen nicht runterfällt ist anstrengend. Nachdem die Gruppe unseren großen Tempel umrundet hat, sind sie zum Amantempel gegangen. Dort wurden sie mit Trommeln und anderen Blasinstrumenten empfangen. Die Milch wurde über die Götterfigur geschüttet und der Tempelpriester versuchte, einige Tropfen aufzufangen, die dann von den anwesenden getrunken wurden. Die Familien, die keinen Milchtopf zum Tempel getragen haben, aber dennoch die Götter auf ihre Art und Weise verehren, haben Blumen und Kokosnüsse gebracht und… eine Ziege, die vom Priester gesegnet und danach geschlachtet wurde und der Familie als Festmahl diente.

Extremere Verehrungen der Götter fanden auch statt. Männer und Frauen gingen in Begleitung von Trommlern in den Tempel. Auf dem Weg waren sie  schon  halb in Trance durch ständiges Drehen. Im Tempel wurde ihnen unter Applaus und Trommelschlag eine kleine Eisenstange von einer Seite der Backenwange in die andere gestochen. Andere Frauen, die sich in Trance befanden, haben Botschaften der Götter an die Menschen weiter gegeben, denen dann auch geglaubt wurde – aber es mussten „gute Botschaften“ sein.

Am Abend gab es rund um den Tempel ein Tanzprogramm. Das Fest dauerte 2 Tage und ich brauche nicht zu betonen, dass die Musik Tag und Nacht  so aufgedreht war, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.

Nun liegt diese Beschreibung unseres Monates Mai schon so lange im Postkasten ohne weg geschickt zu werden. Aber es waren so viele Umstände, die mich daran gehindert haben, dies zu tun. Der Mai hatte es für alle Bewohner unseres Hauses in sich. Alle, einschließlich meiner Person, wurden regelrecht von einem Virusfieber überrascht, das uns Schach Matt setzte. Einige spüren bis heute noch die Nachwirkungen, die sich in Gelenkschmerzen an den Extremitäten zeigen. Ein weiteres schockierenden Erlebnis war der Tod von Vinnarasis Bruder durch ertrinken. Er war gerade mal 21 Jahre alt und im letzten Jahr seines Studiums. Und wenn man weiß, wie  in Indien getrauert wird, kann man verstehen, wie emotional  und anstrengend dieser Prozess ist. Die Frauen  sitzen die ganze Nacht um den Sarg und klagen, fallen in Ohnmacht und Hyperventilieren. Die Männer stehen im Hintergrund und trauern auf ihre Weise. Diese Beschreibung ist mit der Bitte um Ihr Gebet verbunden.

Die Semesterferien und der Schulbeginn starten Mitte Juni.

Unsere  Praktikantin Hanna  machte sich nach einem Jahr in Viralimalai  im Monat Juli bereit, wieder nach Deutschland zu fliegen. Da sie einen Flugbegleiter hatte – ein inzwischen groß gewachsener Straßenhund mit Namen Polli – hatte sie eine Unmenge an Formalitäten zu erledigen bis die Hündin und sie im Flugzeug nach Frankfurt saßen.

Mit dem Beginn des Monats August kam unsere neue Volontärin Rachel in Viralimalai an. Auch sie lernte, wie indische Bürokratie funktioniert, um endlich ihre verpflichtende Registrierung zu erreichen.  Mit Glück ging alles,  ohne einen Rupie zu zahlen, über die Bühne.

Als Jansi ihren Reisepass beantragte – die Gebühren betragen 1 500 Rps = 14 € –  hat jede Person, die den Antrag angefasst hat, die Hand ausgestreckt, so dass sie außer den Gebühren zusätzlich 3 000 Rupies bezahlt hat. Das nennt man Korruption.

Da sich unsere Hausbewohner an einen Hund gewöhnt hatten, wunderte es mich nicht, dass wir inzwischen wieder einen kleinen Straßenhund in unserem Haus haben. Er heißt Jack und ist schwarz-weiß. Rachel ist die „Mutter“ des kleinen Hundes. Nach einigen notwendigen Impfungen, ist er ein kleiner „Hausbewacher“. Wir hoffen, dass wir ihm noch gute Manieren beibringen können.

Es ist Regenzeit in Tamil Nadu. Und es regnet „Gott sei Dank“.

Ich bin im Augenblick in Deutschland. Meine Koffer waren vollgepackt mit wunderschönen Weihnachtsdekoration, die  für die Weihnachtsmärkte bestimmt sind. Sollte Sie liebe Leser sich angeregt fühlen, auch einen kleinen Stand mit unseren Artikeln zu errichten, wenden Sie/Du bitte an Frau Walburga Kunz, Kantstr.4 Schmelz Saar. Telefon Nr. 068871817.

In Dankbarkeit Ihnen und Euch verbunden.

Gisela Häring